Die Maxvorstadt besitzt nicht nur ein Kunstareal auf Weltniveau; sie ist auch gastronomisch äußerst vielfältig und ein Hotspot der jungen Kreativszene. Der Unternehmer und Gastronom Niels Jäger lebt seit 25 Jahren hier. Er kennt jede Ecke dieses Viertels und besitzt eine Bar, in der er ganz wunderbar seine Gemeinde um sich scharen kann.
An einem heißen Sommernachmittag biegt Niels Jäger entspannt in die Luisenstraße ein und hält vor dem Café Von & Zu. In seinem Fahrradkorb liegt ein Basketball, der noch wichtig werden wird, das Fahrrad selbst ist wendig, ideal zum Cruisen durch das Viertel. Es erlaubt langsames Fahren, Alles-im-Blick-Haben, Ab-und-zu-jemanden-Grüßen. Das ist wichtig, denn schnell wird klar: Niels Jäger kennt hier in der Maxvorstadt viele Leute, denen er vom Fahrrad aus zuwinkt, mit denen er kurz plaudert, mit denen er auf den Sonnenuntergang in der Schellingstraße wartet oder sie herzlich umarmt. So wie jetzt Antonio von Schirnding, den Besitzer des Von & Zu. Die beiden setzen sich an einen Tisch im geheimen Garten des Cafés und Restaurants an der Paul-Heyse-Villa, in dem auch hervorragender Wein verkauft wird.
Der Garten ist ein Kleinod nahe der Glyptothek, elegant verwildert; große, alte, weit ausgreifende Bäume spenden Kühle. Es ist einer von Jägers Lieblingsplätzen in seinem Viertel. Antonio und er schwärmen vom jährlichen Sommerfest des Von & Zu, bei dem hunderte Menschen unter dem Dach der Bäume tanzen, Wein trinken, ausgelassen feiern. Eines dieser Feste wird es noch geben in diesem Jahr, dann wird das Café samt Garten Ende des Jahres leider einem Immobilienprojekt weichen müssen.
Man sollte sich also ein wenig beeilen, um noch einen Rosé in dieser kleinen Oase zu trinken. „Wieder ein Ort weniger, der abseits des Mainstreams funktioniert, der alternativer ist als der Rest, schon traurig“, sagt Jäger. Und trotzdem liebt er natürlich sein Heimatviertel, in dem er seit 25 Jahren lebt, in dem er jede Ecke kennt. Viele von ihnen gehören zu den schönsten Münchens. Etwa die Museen, zu denen Jäger nun radelt.
Vor der Alten Pinakothek breitet sich die Wiese mit den Skulpturen von Henry Moore, Erich Hauser und Fritz Koenig aus. Jägers Ziel liegt aber ein wenig weiter. Es ist ein enger Basketballplatz am östlichen Ende des Parks, hinter Kastanien versteckt. „Hier habe ich die letzten 15 Jahre sehr viel Zeit verbracht. Der Platz ist eine Mischung aus Muss-man-Mögen und total ideal. Eigentlich viel zu klein, die Tischtennisplatte steht im Weg, die Dreierlinie ist kaum zu erkennen – und von oben verstellen Äste aus verschiedenen Richtungen den Weg zum Korb.
Jäger war Türsteher, Barkeeper und seit weit mehr als zehn Jahren ist er nun einer der bekanntesten Gastronomen der Stadt.
Aber dann ist er eben auch genau richtig: Der Spielplatz direkt hinter dem Korb ist meist von hilfreichen Kids bevölkert (falls der Ball mal drüberspringt), und die Picknickmöglichkeiten nebenan auf der großen Wiese suchen an sonnigen Tagen ihresgleichen. Es sind immer Freunde und Bekannte in der Nähe!“, sagt Jäger und beginnt mit dem mitgebrachten Ball zu dribbeln.
Unmittelbar sieht man, dass er ein guter Spieler ist. Er trifft aus allen Distanzen, seine Bewegungsabläufe sind routiniert. Basketball ist seit Langem wichtig für Niels Jäger. Er hat in der deutschen Regionalliga gespielt, hat eine Fernsehshow über den Sport moderiert, hat später das Streetwear-Label K1X und die Ladenkette Kickz mitgegründet. Basketball hat seinem Leben eine Richtung gegeben, ist aber schon länger nicht mehr der einzige Strang.
Basketball ist seit Langem wichtig für Niels Jäger. Er hat in der deutschen Regionalliga gespielt, hat eine Fernsehshow über den Sport moderiert, hat später das Streetwear-Label K1X und die Ladenkette Kickz mitgegründet.
Jäger war Türsteher, Barkeeper und seit weit mehr als zehn Jahren ist er nun einer der bekanntesten Gastronomen der Stadt. Mit Freunden gründete er die Bar Edmoses, den Houseclub Bob Beaman, beide gibt es heute nicht mehr, das Hotel Flushing Meadows mit einer der schönsten Bars Münchens in der Fraunhoferstraße oder die Bar James T. Hunt, gleich bei ihm in der Nachbarschaft in der Schellingstraße.
Der Ball zischt ohne Ringberührung durch das Metallnetz. Jäger hat Spaß auf dem Platz. „Einmal im Jahr veranstalte ich hier ein Turnier mit zwölf Teams, die drei gegen drei spielen. Wir bauen eine Anlage auf, die Zuschauer drängen sich um den Court, es ist eng und es bildet sich ein kleines Kolosseum aus Menschen.“ „Park Authority“ heißt die Veranstaltung.
Nun liegt der Ball wieder im Fahrradkorb. Kurzer Stopp am Museum Brandhorst. „Mein Lieblingsmuseum hier. Ich mag die Architektur, die Fassade ist fotogen und das Programm eins a kuratiert.“ Außerdem findet jede Woche hinter dem Museum ein Bauernmarkt statt, wo er Lebensmittel kauft. „Der Obst- und Gemüsestand ist super. Günstig und wirklich sehr gute Qualität. Man muss früh kommen, sonst steht man ewig an.“
Weiter geht’s. Jäger radelt die Türkenstraße hinunter. Vorbei an Bars, Cafés, dem Brotladen von Hipsterbäcker und Sterneküchen-Lieferant Julius Brantner. „Auch hier stehen die Leute oft Schlange. Unter anderem ich. Aber gut, sein Brot ist herausragend! Übrigens sucht ‚Jay Bee‘ gerade eine neue Location im Viertel. Wer den Spot vermittelt, kriegt sein Brot zukünftig umsonst und muss nicht mehr anstehen, heißt es. Das beste Bonmot zu den umstrittenen Late-Night-Sponti-Partys auf der Türkenstraße diesen Sommer kam von DJ Pretty Boy, der die große Menge an Leuten auf die ‚Vollkorn-Dinkel-Releaseparty beim Brantner‘ zurückführte.“
Am Ende der Türkenstraße liegt die Kunstakademie. Das nächste Ziel. Die Sonne lässt den ausladenden Neorenaissancebau erstrahlen, in dessen riesigen Fenstern spiegelt sich der hellblaue Himmel. „Wenn die Studenten im Sommer in der Akademie ihre Arbeiten zeigen, ist das ein Highlight. Da gehe ich sehr gerne hin, man weiß nie, was man zu sehen bekommt, aber es lohnt sich immer. Toll ist auch die Treppe vor der ‚Aka‘, wo sich abends die Jugend des Viertels trifft.“
Die Maxvorstadt ist ein junges Viertel, das erkennt man sofort. Von den Tischen vor der Bar lässt sich das Treiben wunderbar beobachten.
Und jetzt geht es rüber zu Niels Jägers Bar James T. Hunt in der Schellingstraße, wo er auf den Sonnenuntergang warten möchte. Vor der komplett in Schwarz gehaltenen Bar, in der man ausgezeichnete Cocktails und Longdrinks serviert bekommt, sitzen schon ein paar Leute. Noch knallt die Junisonne gnadenlos auf den Gehweg, über den Studierende flanieren. Die Maxvorstadt ist ein junges Viertel, das erkennt man sofort. Von den Tischen vor der Bar lässt sich das Treiben wunderbar beobachten. Menschen in luftiger Kleidung spazieren vorbei, im Hintergrund schieben sich ab und zu dicke Autos Richtung Ludwigstraße, um von dort ihre Angeberfahrt über die Leopoldstraße zu starten.
Jäger begrüßt die Kellnerinnen und Barkeeper herzlich, ordert eine Flasche Rosé und Eis. Dann beginnt das Schauspiel. Nach und nach gesellen sich Freunde und Bekannte zu ihm, bestellen Drinks und Abendessen, Pizza, Pasta, Salate. Unser Viertel-Bürgermeister hält Hof. Es wird geredet und gelacht, sich umarmt, Gläser klirren, Flaschen leeren sich. Jäger erzählt, dass sie hier jeden Mittwoch den Geburtstag von einem Freund feiern. Seit Wochen.
Und langsam ändert sich das Licht in der Schellingstraße von Grellgelb zu Orange. „Es ist so toll, wie hier die Sonne untergeht“, sagt er. Und es stimmt. Das James T. Hunt ist ein perfekter Sundowner-Laden, der ideale Platz, um einen Spaziergang oder eine Radltour durch das Viertel zu beenden. Wahrscheinlich hat Niels Jäger genau so ein Ort in seinem Viertel gefehlt. Aber kein Problem. Einer wie er baut ihn sich dann einfach selbst.